Camino-Rundweg Rundweg von und nach Santiago dC- Idee 2009, Ausführung 2013

 Idee 2009

Nach langer Wanderung bin ich, wie andere Jakobspilger auch, innerlich bewegt in der Kathedrale von Santiago de Compostela angekommen. Dieser Moment in meinem Leben ist in mir verankert. Am Kap Finisterre, dem "Ende der Welt", beim Blick auf das weite Meer, war es ähnlich - und anders. Das Glück darüber, "angekommen" zu sein, mischte sich mit Trauer über das Ende meines Caminos. Da war sie wieder - eine tiefe Sehnsucht.

Der Weg war für mich Sinnbild des Lebens geworden. Wie im Leben hat es auf dem Camino Höhen und Tiefen gegeben. War er nun wirklich zu Ende? Man kann sein Leben nicht zweimal leben, daher wollte ich meinen Weg, auch wenn er noch so schön war, nicht wiederholen. Könnte ich ihn dennoch fortsetzen und irgendwann in ferner Zukunft vollenden, im Ziel aller Jakobspilger - das ich doch schon erreicht hatte? Und falls ja: Könnte ich dort wieder mit dem Bewusstsein ankommen, dass dies ein besonderes Ereignis in meinem Leben ist? Ohne ein Wegstück - auch nur einen einzigen Meter - wiederholt oder ausgelassen und meine Erinnerungen mit Wiederholungen vermengt zu haben? Auf alten Wegen, Jakobswegen, die zum Grab des Apostels führen? So dass sich alle meine bisherigen und zukünftigen Etappen zu einem, meinem Jakobsweg nahtlos zusammenfügen ließen?

Dann könnte ich immer wieder, wenn es mich "treibt", neue Wegstücke an meinen Camino knüpfen, ihn erweitern, verändern, ohne das Ziel Santiago de Compostela aus den Augen zu verlieren. Jedes weitere Glied wäre Teil meines Jakobsweges, der irgendwann in vielleicht ferner Zukunft endet, und zwar - entsprechend der über 1000 Jahre alten Tradition - am Grab des Apostels.

Beim Verweilen auf den Klippen des Kap Finisterre, mit Blick auf das unendliche Meer formte sich aus einer abstrakten Idee die konkrete Lösung: Wenn ich an der Küste Galiciens ein Stückchen nach Norden, dann weiter nach Osten gehe und dort auf den Camino Inglés stoße, könnte ich in Richtung Süden weiter nach Santiago de Compostela wandern, so wie es damals die angelsächsischen Pilger taten, die nach der Kanalüberquerung von Ferrol aus nach Santiago pilgerten. Dies wäre vielleicht das letzte Stück meines Jakobsweges, ein ununterbrochener Weg durch mehrere Länder läge hinter mir, ein Weg, der am Apostelgrab endet...

Santiago ein weiteres Mal zu erreichen, ohne Wiederholungen, als Teil eines durchgängigen Weges - dies gelänge nur mit einem Rundweg von und nach Santiago dC. Erleichtert über die Idee und wieder zuhause, recherchierte ich nach einem solchen Weg - doch es gab ihn nicht. Daher suchte ich an Galiciens Nordküste, erst zuhause auf der Karte und dann vor Ort, einzelne passende Wegstücke und fügte sie zu einem Rundweg zusammen. Diesen schönen Weg, der von Santiago über Finisterre, Muxía, Malpica de Bergantiños und A Coruña zurück nach Santiago führt, möchte ich erfahrenen Pilgern und Wanderern empfehlen. Da einheitliche und ganzheitliche Wegmarkierungen (noch?) nicht existierten, stelle ich meinen Weg in Kartenform und als GPS-Download hier zur Verfügung.

Buen Camino!

Kathedrale
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Update, im April 2019:

Im März 2019 habe ich meinen Jakobsweg beendet. Eine durchgängige Strecke von fast 5500 km lag hinter mir.

Blick zurück:

Im Jahre 2008 bin ich erstmals in Santiago dC angekommen. Danach folgten weitere Wanderungen auf europäischen Jakobswegen, die sich nun wie Perlen auf einer Schnur reihen. 2016 erreichte ich das ehemalige KZ Auschwitz. Den größten Teil des Camino-Rundweges bin ich in 2013 gegangen. Für den Abschluss meines Caminos hatte ich das letzte Wegstück des Rundweges, von Sigüeiro bis zur Kathedrale in Santiago de Compostela, "aufgespart". Meine Frau Imelda hat mich Anfang 2019 begleitet. Wir haben den Camino als gemeinsames Erlebnis in uns aufgenommen.

Zusammenhängend auf historischen Wegen zu wandern, war nicht immer möglich. Daher habe ich immer dann, wenn es erforderlich war, Verbindungsstrecken zwischen traditionellen Jakobswegen gesucht und gefunden, z.B. zwischen dem Camino Portugues und der Via de la Plata oder der Via Regia und dem Jakobsweg entlang des Hellweges. Auch sie sind nun Teil meines Jakobsweges. Nur so konnte ich ihn zu einem ununterbrochenen langen Weg machen, der durch fünf europäische Länder führte und in Santiago endete.

In Polen habe ich meinen Camino nicht weiter nach Osten fortsetzen können. Das Konzentrationslager Auschwitz - ein Ort des Erschauderns, des Nicht-Begreifens - durfte nicht wie andere Orte nur Durchgangsstation sein. Auschwitz ist neben Santiago de Compostela der andere Pol meines Jakobsweges geworden.

Am anderen, geographischen Ende des Weges erreichte ich den südlichsten Punkt des europäischen Festlandes, das spanische Städtchen Tarifa. Von dort aus setzte ich nach Tanger/Marokko über, und von dort aus werde ich, wenn es mich wieder "treibt" und Kraft und Gesundheit es zulassen, nach Süden weiterwandern. Auch dieser Weg wird an dem bisherigen anknüpfen und zusammenhängend sein, er wird jedoch nicht zu meinem Jakobsweg gehören. Diesen habe ich endgültig in Santiago de Compostela, einem von zwei Polen meines Jakobsweges, beendet.

Die "Schleife", der Camino-Rundweg in Galicien, hat es mir ermöglicht, meinen Weg in der Mitte, in Santiago de Compostela, abschließen zu können.

Jeder Pilger, der in Santiago de Compostela angekommen ist, ist "seinen" Jakobsweg gegangen. Für beinahe jeden war er etwas Besonderes. Die Erinnerungen an die durchlebten Gefühle und Stimmungen, die Freuden und Schmerzen, das Miteinander und Alleinsein, die atemberaubende Natur, die Empfindung, was Mensch ist, schafft, zerstört und ausmacht - dies ist Teil meines/unseres Bewusstseins, tief verankert.

PS: Wer möchte, kann meinen Weg "virtuell" wandern. Er ist auf einer Fotostrecke festgehalten: von Polen bis Spanien/Marokko.